Dieses Konzert aufbewahrt im Kloster Melk mit dem Namen Rosettis ist als Konzert für Horn bis zum heutigen Tag als solches nicht erkannt worden.
Sterling E. Murray ordnet in seinem 1996 herausgegeben Thematischen Katalog der Werke Rosettis dieses Konzert bei Konzerten für 2 Hörner ein, bei dem das 1. Solohorn verschwunden ist. Wie aber kam es zu dieser Annahme; da auf dem Deckblatt nur "Concerto pour le cor" steht? Die Begründung findet sich in der Solohornstimme selber. Sie ist mit "Corno 2do Prinzipale in Dis" angegeben, die leicht die Frage nach dem "Corno 1do" aufkommen lässt, als ein unvollständiges Doppelhornkonzert mit fehlender 1.Hornstimme.
Richtig aber ist wohl, die eigentlich 2. Solohornstimme sich anzuschauen. Beim Durchsehen und musizieren der Stimme stellte ich sehr schnell fest, das diese 2. Hornstimme keineswegs unvollständig ist und ein 1. Horn fehlt.
Zur Zeit Rosettis am Wallersteinschen Hof gab es zwei begabte Hornisten, Joseph Nagel und Franz Zwierzina. Im Nachlass Zwierzinas finden sich für Sie komponierte Solo- und Doppelhornkonzerte Rosettis , aber auch anderer Komponisten, wie z.B. die hier editierten beiden Konzerte für 2 Hörner von Hoffmeister. In diesen Konzerten, als auch in den oft für die Hörner ebenso virtuosen Harmoniemusiken Rosetti, zeigte wohl Franz Zwierzina auch am tiefen Horn ungewöhnliche Fertigkeiten. Ein Solokonzert für Horn galt ( und gilt noch heute), als ein Konzert für den 1. Hornisten. Rosetti scheint Zwierzina oder einem anderen tiefen Hornisten auch ein eigenes Solokonzert komponiert zu haben. Als Unterscheidung wurden diese tiefen Hornkonzerte als Concerto für Corno 2do principale bezeichnet, die genau auch die Bezeichnung für das 2. Horn der Doppelhornkonzerte ist. Eine Verwechselung ohne Einsicht in den Notentext ist somit sehr nachvollziehbar.
Auch die Angabe der zweifelhaften Urheberschaft Rosettis halte ich für nicht sehr wahrscheinlich. Den Beweis findet man in der Hornstimme selber! Im Takt 84 - 87 zitiert der humorvolle Rosetti mit böhmischen Schalk das Thema des Doppelhornkonzert Es-Dur seines Orchesterkollegen und gleichfalls aus Böhmen stammenden Komponisten Joseph Fiala. Mit diesem zusammen begann Rosetti 1773 seinen Dienst bei Fürst Kraft Ernst in Wallerstein. Sicher kannte der Hornsolist dieses Konzert und freute sich über dieses geheime Zitat.